Ich bin immer noch schockiert.
Die USA haben gewählt. Es war eine besondere Wahl, die wohl als schmutzigster Wahlkampf aller Zeiten in die Geschichte eingehen wird. Am Ende hatten die Wahlberechtigten eine Entscheidung zu treffen, Trump oder Clinton.
Natürlich gab es noch mehr Menschen, die sich zur Wahl gestellt hatten. Jill Stein von den amerikanischen Grünen zum Beispiel. Aber den Wahlkampf dominierten Trump und Clinton.
Nach Monaten, in denen geleakte Emails und Sexismus die Schlagzeilen dominierten, fiel nun die Entscheidung.
Ein unerwarteter Sieg für Donald Trump. Noch unerwarteter in seiner Deutlichkeit.
Bin ich deshalb schockiert? Nein. Mich schockieren eher die Reaktionen darauf, die sich eigentlich nur als blanker Hass einordnen lassen.
Direkt nachdem der Sieg Trumps feststand ging es in den sozialen Medien los. Übelste Beleidigungen und Beschimpfungen gegen Anhänger Trumps, gegen Wähler, ja sogar gegen das gesamte amerikanische Volk. Weltweit verfielen Politiker und Medien in Panik. Am Tag danach gehen Gegner Trumps in den USA auf die Straße, es endet in Straßenschlachten.
Ähnliche Bilder gingen um die Welt, als die Verlierer des Brexit Referendums auf die Straßen englischer Städte strömten.
Damals wie heute sind es vor allem linke Gruppierungen und Aktivisten, die zu diesen Protesten aufrufen. In ihrem Demokratieverständnis sind Niederlagen anscheinend nicht vorgesehen und in ihren Analysen sind sie auch diesmal wieder eigenwillig.
Beim Brexit wies man darauf hin, dass vor allem ältere Einwohner Großbritanniens für einen Abschied aus der EU gestimmt hatten und damit würde die junge Generation um ihre Zukunft betrogen. Evtl. hätte man dafür sorgen sollen, dass die jungen Bürger Großbritanniens zur Wahl gehen, anstatt hinterher zu lamentieren. Immerhin hatte diese Gruppe die niedrigste Wahlbeteiligung.
Und auch nach der US-Wahl gibt es diese Diskussionen. Hauptsächlich wurde Trump Erhebungen zufolge von weißen Männern ohne Collegeabschluss gewählt. Warum soll man sich nun von einer Horde ungebildeter die Zukunft versauen lassen? Anstatt zu analysieren, warum man nicht selbst genug Wähler mobilisieren konnte, hackt man auf die ein, die wählen gegangen sind. Über 49% der Wahlberechtigten hatten es vorgezogen, sich der Stimme zu enthalten und ich möchte wetten, dass genau diese den Hauptanteil der Demonstranten ausmachen.
Diesen angeblich gebildeten Menschen sollte man vielleicht noch einmal Nachhilfe in Demokratie geben: Es gewinnt derjenige, der in Wahlen die meisten Stimmen bekommt, nicht derjenige, der hinterher am lautesten schreit.