Nun ist es also passiert. Der Bundestag hat der Reform des Wahlrechts zugestimmt. Natürlich mit überwiegend positivem Wiederhall in den Medien, denn Kritik aus den meist sehr linkslastigen Redaktionsstuben vermissen viele schon seit Jahren.
Grundsätzlich ist es aber schon positiv, dass man den Bundestag verkleinern möchte. Ein derart verhältnismäßig großes Parlament leistet sich sonst kein anderer Staat der Welt. Nur einmal mehr schaffen es deutsche Politiker, ein gutes und sinnvolles Vorhaben so umzusetzen, dass es eher negativ ist.
Durch das neue Wahlgesetz kann man sich als Wähler nicht mehr sicher sein, dass die eigene Region auch wirklich im Parlament vertreten ist. Theoretisch kann die CSU die 5%-Hürde verpassen, obwohl sie in Bayern alle Wahlkreise gewonnen hat. In dem Fall zieht kein einziger gewählter CSU-Kandidat in den Bundestag ein. Stattdessen hat man eventuell einen Politiker aus dem Wahlkreis, der auf Listenplatz 67 für die Grünen in den Bundestag einzieht und sich dann als Sprachrohr der Region ansehen darf. Obwohl ihn niemand wollte und auch niemand will.
Das gleiche Schicksal könnte auch Kandidaten der FDP, der AfD und der Linken treffen, die mit Herzblut Wahlkampf geführt haben und am Ende dann ihren Wählern erklären dürfen, warum sie nun im Bundestag nicht vertreten sind, weil es kein Kandidat einer anderen Partei auf deren Listen geschafft hat. Ob sich dann im Parlament ein Abgeordneter aus Berlin so für strukturschwache Regionen wie Oberfranken, die Lausitz oder Ostfriesland einsetzen würde, wie ein Kandidat der von dort stammt und die Menschen mit all ihren Nöten kennt, darf bezweifelt werden.
Mit der Reform schlägt man auch den unabhängigen Kandidaten die Tür vor der Nase zu. Jetzt muss man in eine Partei eintreten und dort jahrelang Stiefel lecken und in Ärsche kriechen, um es auf eine Liste zu schaffen. Unbequeme Kritiker wird man auf diesen dann auch vergeblich suchen. Wer nicht auf Linie ist, zieht eben nicht ins Parlament ein.
Meiner Meinung nach hätte man die Reform genau in die andere Richtung ausgestalten müssen. Also dass nur die Direktkandidaten in das Parlament einziehen. Man könnte dafür auch die Wahl an sich etwas abändern. Nur wer die absolute Mehrheit in seinem Wahlkreis erreicht, gewinnt den Platz. Wer es im ersten Wahlgang nicht schafft, für den gibt es eben eine weitere Runde, zwei Wochen später, in der dann nur noch die beiden Kandidaten mit den höchsten Werten aus der ersten Runde gegeneinander antreten.
Als Sahnehäubchen würde ich noch die Direktwahl des Bundeskanzlers einführen, als echte Personenwahl. So hätte man auch die Chance, jemandem wie Frau Wagenknecht oder Frau Weidel die Stimme zu geben, selbst wenn man ihre Parteien nicht mag. Auch Herr Lindner oder Herr Söder hätten dann eine echte Chance auf das Amt des Regierungschefs, selbst wenn ihre Parteien eben nicht den großen Zuspruch bekommen. Und die Minister sollten dann ebenfalls kein Mitglied des Parlaments sein dürfen, sondern nur von diesem auf Vorschlag des Bundeskanzlers ernannt werden.
Natürlich wäre das eine ganz andere Situation als aktuell. Gesetzesvorlagen wären viel schwieriger durchzubringen, da sich die Regierung nicht mehr auf ihre Mehrheiten im Parlament verlassen könnte. Aber es würde vermutlich auch zu einer ehrlicheren Politik führen. Dann gibt es nicht mehr dieses "Wir wissen, was ihr zu mögen habt!" von oben herab, sondern der Wille der Wähler wird wirklich abgebildet.
Kompromisse wird es dennoch geben müssen, um Mehrheiten zu finden, nur würden Kandidaten, die das dann ihren Wählern erklären sollen, auch anders an die Sache herangehen, als linientreue Parteisoldaten, denen die Reaktionen der Wählerschaft egal sein können. Gesetze gegen den Willen des Volkes oder die heimlich durch das Parlament gebracht werden, würde es so vermutlich aber nicht mehr geben.
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