Claudias Welt

Die Sache mit der Schokolade

Geschrieben von Claudia | Nov 13, 2016 6:20:00 PM

Gestern in der örtlichen Kneipe erzählt mir eine Freundin, dass ihre Cousine Mutter wurde. Heiter erklärt sie mir, dass ihre Cousine ihr Kind liebevoll "Schokobaby" nennt, da der Vater dunkelhäutig sei. Ich entgegne ihr lächelnd, "Es ist also braun?". Ohne Hintergedanken. Einfach die Assoziation, dass Schokolade braun ist. Ihr Sitznachbar räuspert sich und weist mich darauf hin, dass es korrekterweise "farbig" bedeutet.

 

Da stand ich nun wieder. Spontan kam mir Monty Pythons Kultfilm "Das Leben des Brian" in den Sinn. Als das Urteil wegen des Ausspruchs "Jehova" verlesen wurde und allein die Nennung des Wortes die Menge dazu bringt, den Verkünder des Urteils zu steinigen. Ähnlich wie der eigentliche Delinquent fange ich nun an, in Gedanken zu tanzen und das Wort "braun" zu singen. Nur ein mahnender Blick meiner Freundin lässt mich schweigen.

 

Wann hat sich unsere Gesellschaft eigentlich zurück entwickelt? Von modern und aufgeklärt in rückwärtsgewandt und restriktiv? Ist es so schlimm, die Hautfarbe eines Menschen zu nennen? Ist es mittlerweile ein Stigma? Ich wurde nach anderen Werten erzogen. Für mich ist Hautfarbe eine Eigenschaft, ähnlich wie Haarfarbe. Wird es bald soweit sein, dass man auch diese nicht mehr nennen darf? Hellhaarig statt blond? Ich stelle mir obige Situation noch einmal vor. "Es hat also braune Haare?", mit dem Hinweis, dass es korrekterweise "haarig" heißt. Wobei das ja wiederum diskriminierend gegenüber glätzköpfigen Menschen sein kann, ähm haarlosen natürlich.

 

Welche Blüten das treiben kann, zeigt der Fall eines vermissten Jungen in Dublin. Beim öffentlichen Aufruf durfte lediglich genannt werden, was er zum Zeitpunkt des Verschwindens anhatte. Wäre es in diesem Fall nicht besser gewesen, auch die Hautfarbe zu nennen? Wem bringt es etwas, wenn man jedes Kind mit einer roten Jacke zur nächsten Polizeiwache schleift, auch wenn es sich nicht um das gesuchte Kind handeln kann?

 

Die politische Korrektheit führt meiner Meinung nach eher dazu, dass sich die Gesellschaft spaltet, dass Menschen durch bestimmte Attribute ausgegrenzt werden. Warum müssen schwarze Menschen in den USA unbedingt Afroamerikaner genannt werden? Sind es nicht eigentlich US-Amerikaner? Sind Deutsch-Türken und Russlanddeutsche nicht eigentlich Deutsche? 

 

Integration, Diversität und Inklusion sind die neuen Schlagworte der politisch korrekten Elite, mit denen sie mahnend darüber wachen, dass niemand diskriminiert und beleidigt wird.

Neologismen sollen dies verhindern. Unsere Sprache wird nach Begriffen durchforstet, die angeblich Rassismus fördern. Einige hat es schon erwischt und wer sie benutzt, gilt bereits als Nazi.

 

Meiner Meinung nach sollten sich eher diejenigen untersuchen lassen, die bei Negerkuss an etwas anderes denken, als an eine leckere Süßspeise, bei Zigeunersoße nicht an eine würzige Paprikatunke, bei Schwarzfahrer nicht an einen Menschen, der sich eine Dienstleistung erschleicht und bei Ochsenschwanzsuppe nicht an eine kräftige, dunkle Brühe.

 

Ich hoffe jedenfalls, dass sich unsere Gesellschaft wieder ändert. Gegenseitige Toleranz ist wichtiger als diktierte politische Korrektheit in allen Lebensbereichen. Rassismus stoppt man nicht, indem man Worte ummodelt, sondern indem man den Fokus auf die Gemeinsamkeiten legt, nicht auf die Unterschiede.